Es ist schon eine kleine Herausforderung, nach all den Automatikgetrieben, nun im Peanut, einem Volkswagen mit 300 Tkm Lebensweg, mit der linken Hand zu schalten. Doch wir freunden uns schnell an und der gemütliche Verkehr in Australien hilft beim erhobenen Rollen. Wir spähen nach Kängurus, Koalas und Wombats, angekündigt von unzähligen Verkehrsschildern doch für uns vorbeifahrende Beobachter nicht zu entdecken.
Ich bin etwas ungemütlich aufgeregt, als wir zur Dämmerung im Wilsons-Promontory-Nationalpark ankommen. Man hatte uns unterrichtet, dass die Campingplätze so gefragt seien, dass man sie nun nicht einmal mehr vorbuchen könne – vielmehr gäbe es eine Lotterie, um die begehrten Stellen zu ergattern. Aber man hielte immer ein paar Plätze für dumme Touristen frei, die davon nichts wüssten und die man ja schliesslich nicht nachts wieder wegschicken könne und wir fallen ja definitiv unter diese Kategorie, besonders wenn man unserem English sowieso den deutschen Einschlag anhört. You should be alright.
Die Rezeption des Campingplatzes hat natürlich schon geschlossen und wir versuchen über unser Telefon online zu buchen und finden heraus, dass noch viele Plätze frei sind an diesem Montagabend im Herbst. Welcher Platz soll es denn nun sein? Aus dem Bauch heraus entscheiden wir uns für die 318 – was sich als absoluter Glücksgriff erweisen sollte.
Als wir 2011 schon einmal für eine Nacht in the prom gezeltet hatten, begrüssten uns neugierige Papageien und wir konnten einen Wombat aus der Ferne sehen. Für den erfahrenen Australianer nur ein mitfühlendes Lächeln wert, hat es uns seinerzeit mit stolzem Glücksgefühl des weitgereisten Abenteurers erfüllt. Ob wir auch dieses Mal einen Wombat zu sehen bekommen? Wir machen Ray scharf darauf.
Es ist schon dunkel, als ich die Küchenzeile ausklappe, um unser Abendessen zu bereiten. Ein Schatten hält direkt auf mich zu, gross wie ein kleines Schwein, mit Fell überzogen. Das neugierige Vieh hält auf unser Essen zu und ich „rette“ mich in den Camper, als das Wollschwein unter Peanut watschelt. Die ich rief, die Wombats, werd’ ich nun nicht los.
Mit SchSch und Kch kann ich das Tier dann doch überzeugen ein paar Meter weiter zu grasen. Wir essen im Camper-Van denn draussen ist es stockdunkel mittlerweile.
Frühstück gibt es im Freien – aber ebenfalls nicht alleine. Verschiedenste Papageien-Arten und Kakadus besuchen unseren Platz und dann landet auch noch ein Kookaburra, dessen deutscher Name Jägerlieste nur einen nutzlosen Nebensatz füllt, auf Peanuts Dach. Auf dem Weg zum Waschhaus treffen Ray und ich das erste Wallaby.
Wir haben uns noch nicht einmal wegbewegt von unserem Campingplatz und die heimische Tierwelt kommt vorbei auf ein Hallo. Wir können unser Glück kaum fassen. Ein Hoch auf die 318, denn unser Platz liegt direkt an dem kleinen Buschstück (oder was wäre das australische Pendant zu einem Waldstück? Ein Stück Busch?). Und jenes Büschchen ist durchzogen von Pfaden der Wallabys und Gebüschtunneln der Wombats.
Nach diesen Highlights ist der Rest der beiden Tage in the Prom schon regelrecht langweilig: wunderschöne leere Strände, seltsam runde, grosse Felsen mit Rotfärbung, wilde Wellen und Boote, die über den Sand fahren. Gähn. Haha.
Wir überlegen, noch eine weitere Nacht zu bleiben. Aber da a) der Campingplatz dann doch fast völlig ausgebucht sein wird (ein Feiertag in dieser Woche lässt dann doch in oben erwähnter Manier in den Park strömen) und b) der Wetterumschwung unsere Laune dann auch etwas weggefegt hat, wie das halbe Zelt unserer Nachbarn des Nachts, entscheiden wir uns für die Rückfahrt nach Rye.
Eines wollen wir aber noch probieren: auf dem Weg aus dem Nationalpark heraus, gab es eine Wiese, an der wir seinerzeit Kängurus und Emus gesehen haben.
Die Wiese ist noch da, aber von Grossgetier keine Spur. Vielleicht versteckt man sich hinter dem ersten Busch? Wir laufen los – und treffen einen weiteren Suchenden, der sich als Findender herausstellt und uns einen kleinen Pfad empfiehlt, keine fünf Minuten vom Auto. Wahrhaft, dort erwarten uns erst zwei Wombats, die wir nach der kurzen, zaghaften Streichelaktion am vergangenen Abend nun unsere Freunde nennen wollen. Dann hüpfen zwei Kängurus vorbei, vielleicht nur, um uns von der Herde abzulenken. Man weiss ja, dass solches Hüpfgetier einem Australier nur dann den Puls erhöht, wenn es am Kühlergrill Halt macht, aber wir sind ganz beglückt über die Safari-Erfahrung, dutzende dieser Beutler fast hautnah zu erleben. Als dann auch noch Emus in der Ferne auftauchen, sind wir gänzlich erfüllt und verneigen uns innerlich in Dankbarkeit für die beiden Tage in the Prom.